Open Book ist die faire und bessere Alternative, auch für den Auftraggeber
Die wenigsten Vermittler arbeiten heute mit offenen Büchern (Open Book) und legen gegenüber dem Auftraggeber und dem Freelancer ihren Aufschlag offen, den Sie auf den Stundensatz des Freiberuflers nehmen.
Von Auftraggebern hört man dann oft „Kann mir doch egal sein, was der Freelancer bekommt. Hauptsache mein Preis stimmt und der Freelancer leistet das, was er leisten soll.“
Das ist erstmal einleuchtend: Ich kaufe eine Dienstleistung ein und versuche, für einen definierten Service möglichst wenig zu zahlen (Minimalprinzip).
Durch diese vereinfachte Sicht werden aber viele gute Gründe übersehen, warum auch der Auftraggeber von einer Offenlegung der Vermittlermarge profitieren würde.
Das Minimalprinzip dünnt den Pool an verfügbaren Kandidaten aus
Eine nicht offen gelegte Vermittlermarge dünnt den zur Verfügung stehenden Kandidatenpool aus:
- Vermittler, die nicht mit offenen Karten spielen, tendieren dazu, margenoptimierend zu agieren. Schließlich sind sie als Kapitalgesellschaft Gewinnoptimierer.
- Wenn die Vermittler ihre Marge optimieren, fällt der dem Freiberufler angebotene Stundensatz niedriger aus.
- Für diesen geringeren Stundensatz stehen weniger Freiberufler zur Verfügung. Insbesondere die, die sehr qualifiziert sind und auf ihren Stundensatz bestehen können. Diese haben Alternativen.
- Übertreibt der Vermittler die Margenoptimierung, so bleiben nur noch die Kandidaten, die aufgrund ihrer Qualifikation nur niedrige Stundensätze verlangen können oder den nächsten Auftrag dringend nötig haben.
Natürlich wird der Vermittler aber bestrebt sein, eine ausreichende Qualität zu liefern, um die Kundenbeziehung nicht zu gefährden.
Nachvollziehbares System nur für den Vermittler
Das Vorgehen als Händler erscheint mir von der Seite der Vermittler her nachvollziehbar. Dieser hat mehrere potentielle „Produkte“ und verkauft das an den Kunden, das für ihn den größten Gewinn erwirtschaftet.
Einen Aufschlag von 40% habe ich sehr oft gehört. 50% und 60% auch öfters. Vor kurzem habe ich bei einem Treffen einen Aufschlag von 100% genannt bekommen.
Diese hohen Aufschläge müssen sich irgendwie mit der Leistung des Vermittlers erklären lassen. Bei 20% oder 25% oder bei kurzen Projekten vielleicht auch noch bei 30% kann ich mir das vorstellen. Darüber hinaus fehlt mir persönlich aber die Fantasie. Bis jetzt habe ich jedenfalls noch von keiner Agentur gehört, die den Freelancer vor seinem Projekt mit einem Armani-Anzug ausgestattet hat oder ihn im Rolls-Royce zum Kunden fährt.
Unerwartete Zusatzkosten bei der Projektverlängerung
Natürlich kann der Auftraggeber auch über den Ansatz mit den nicht offen gelegten Vermittlermargen einen guten Freelancer engagieren. Einen der mit seinem Stundensatz weit heruntergeht, weil er schon seit zwei Monaten kein Projekt hat. Das ist zwar nicht gerade eine Beziehung auf gleicher Höhe. Aber das ist vielen Auftraggebern egal.
Aber was ist bei der Verlängerung des Projekts? Wie stehen die Chancen, dass der Freelancer bei nächster Möglichkeit die Chance ergreifen wird, in ein anderes Projekt zu wechseln? Ein Projekt das ihm 10 € pro Stunde mehr bringt … ungefähr 8.000 € pro Halbjahr?
Bei einem komplexeren Projekt ist der Freiberufler nach 3 Monaten oft gerade mal richtig produktiv geworden. Wechselt er dann, so hätte man ihn am besten gar nicht erst für dieses komplexe Projekt engagiert. Wenn man bei 6 Monaten von nur einem Monat Einlernzeit ausgeht und der Freiberufler dann das Projekt für ein besser bezahltes verlässt, dann zahlt der Auftraggeber +17% auf den Preis. Schließlich muss er den nächsten Freelancer engagieren und dessen Einlernphase finanzieren. Die wenigsten bedenken dabei auch, dass sich nicht nur das neue Teammitglied eingewöhnen muss. Die anderen Teammitglieder helfen diesem, ins Projekt zu kommen und produktiv zu werden und stellen sich kommunikationstechnisch auf ihn ein. Die wahren Zusatzkosten im o.g. Beispiel sind also weit höher als die +17%.
Vermittler die es übertreiben, füllen sich so zu Lasten des Risikos des Auftraggebers die eigenen Taschen. Der Auftraggeber muss die resultierenden Mehrkosten zahlen.
Weitere negative Auswirkungen, die oft nicht bedacht werden
Bei hohen Vermittleraufschlägen wird sich der Freelancer auch über die Erwartungshaltung des Auftraggebers gegenüber ihm wundern. Je höher der Aufschlag ist, desto exorbitanter ist die Erwartungshaltung in Relation zu den durch den Vermittler bezahlten Skills des Freelancers.
Die Produktivität eines Freelancers spielt bei seinem Engagement oft keine Rolle. Dabei sind richtig gute Programmierer nicht 20% oder 50% besser als der durchschnittliche Programmierer, sondern doppelt oder gar fünffach so gut. Gerade diese sehr versierten und produktiven Freelancer sind ständig ausgebucht und lassen sich für die durchschnittlichen Freelancer Sätze nicht engagieren. Zweigt der Vermittler eine höhere Marge ab, steht für den Auftraggeber keine dieser Spitzenkräfte zur Verfügung.
Unsere Empfehlung: Als Auftraggeber auf Open Book bestehen
Auftraggeber sollten auf eine Offenlegung der Vermittlermarge (Open Book) bestehen. Schließlich setzt sich dieser sonst dem Risiko aus, dass der Vermittler nur Mittelmaß liefert und/oder der Freelancer bei der nächsten Projektverlängerung nicht weiter zur Verfügung steht und so mehr Kosten beim Auftraggeber verursacht. Die Chance, Spitzen-Freelancer zu engagieren, minimiert sich.