maldives_FonthipWard_pixabayDisclaimer: Dieser Artikel beinhaltet keine Steuerberatung oder Rechtsberatung und ersetzt auch keine solche. Detailfragen sollten mit fachkundigen Spezialisten geklärt werden.

Dieser Artikel hat NICHT das Ziel, erschöpfend über das Thema zu informieren; dies wäre auch gar nicht möglich. Er ist gedacht als ein Denkanstoß und als eine kleine Nadel für verbreitete Seifenblasen im Kopf.

Es geht das Gerücht, mit Offshore-Gesellschaften könne man auch als Freiberufler gigantische Mengen an Steuern sparen und völlige Freiheit von staatlicher Kontrolle erlangen.

Vor ca. zwei Jahren begann ich aus verschiedenen Gründen, mich über das Thema Offshore zu informieren, zunächst weil ein paar Kollegen daran interessiert waren, da sie hofften, auf diesem Wege massive administrative Erleichterungen zu erreichen. Diese Hoffnung löste sich zügig auf, jedenfalls für diejenigen mit Gewinnen mit weniger als 6 Stellen.

Später fand ich das Thema selbst interessant, unter dem Aspekt „Freiheit“. Diese Seifenblase platzte dann aber auch recht schnell.

Was mich letztlich angeschubst hat, das Thema genauer anzuschauen, war ein Artikel von einem der „freiheitsliebenden“ Zeitgenossen, der meinte, mit einer Offshore-Gesellschaft ließe sich „freier“ agieren.

Das ist leider nur sehr eingeschränkt wahr.

Also fühle ich mich berufen, auch für andere den Spielverderber zu geben und einige botanisch unterstützte Wunschträume zu zerstören.

Ich gehe hier kurz darauf ein, was Offshore-Gesellschaften sind, was man damit will und wie weit der Nutzen für Freiberufler gehen kann.

Was sind Offshore-Gesellschaften?

Es handelt sich vorrangig um Kapitalgesellschaften, deren Sitz geographisch „offshore“ liegt, also abseits vom Ufer des Festlandes. Meistens liegen diese Gesellschaften auf kleinen Inseln.

Inzwischen werden auch einige Gebiete auf dem Festland als „offshore“ gezählt. Es handelt sich um Staaten / Stadtstaaten, die eine eigene Gesetzeshoheit haben und sich selbst erlauben, Unternehmen niedrige Steuern bzw. administrative Erleichterungen zu gewähren.

Populäre Beispiele sind die Isle of Man, Belize, die VAE, die British Virgin Islands, aber auch Zypern, Malta, oder der US-Staat Delaware.

Welche Motivationen gibt es überhaupt für Offshore-Gesellschaften?

Aus welchen Gründen werden hauptsächlich Offshore-Gesellschaften gegründet?

1. Steuerersparnis

2. Anonymität

3. Administrative Erleichterungen

4. Schwierigere Strafverfolgung

Nehmen wir diese Anreize genauer unter die Lupe.

Steuerersparnis

Als allererstes: Nachdem ich mehrere Jahre als Angestellter in Steuerkanzleien gearbeitet habe, und als Sohn eines klugen Steuerberaters, bin ich zu dem Schluss gekommen, dass die allermeisten Steuersparmodelle – in Einkommensbereichen unter 1 Mio. EUR – Tüdelüt sind. In einigen Fällen werden bestenfalls Steuern verschoben.

Wenn Sie wirklich Steuern sparen wollen, brauchen Sie ein sehr hohes Einkommen, welches die ganze juristische und administrative Akrobatik bezahlt, die notwendig ist, um eine niedrigere Besteuerung zu erzielen.

Viele Staaten, insbesondere ein paar kleine Sandhaufen im Pazifik, darunter speziell ehemalige britische Kolonien, bieten niedrige Steuersätze bei Ertragsteuern. Einige erheben auch gar keine Ertragsteuern.

An sich klingt das zunächst vielversprechend. Zwei Probleme treten aber sofort auf.

Erstens: Wenn Sie ganz eindeutig Ihre Geschäftstätigkeit in Deutschland ausüben, kann das Finanzamt steuerlichen Gestaltungsmissbrauch vermuten. Gewerbesteuer zahlen Sie sowieso an dem Ort, an dem die Leistung erbracht wurde. Umsatzsteuer in den meisten Fällen auch. (Für die Klugscheißer: Ja, ich habe § 3a UStG gelesen. Gibt Ausnahmen.)

Als Freiberufler, den das Finanzamt im Sinne von § 18 EStG einstuft, zahlen Sie keine Gewerbesteuer. Aber nicht jeder, der sich selbst als Freiberufler sieht, wird auch vom Finanzamt so gesehen.

Für internationale Konzerne ist die gesamte Steuergestaltung einfacher als für den allein arbeitenden Freiberufler. Ein Konzern lenkt einfach Waren- oder Datenströme nach Belieben um den Globus, wie es logistisch und steuerlich passt.

Bei verschiedenen Staaten gibt es verschiedene Ausprägungen der Strenge, mit welcher das Finanzamt dem Unternehmen misstraut bzw. Sie gleich als Steuerhinterzieher einstuft. Hongkong ist derzeit (Stand: Oktober 2014) unproblematischer als die British Virgin Islands.

Zweitens: Das deutsche Finanzamt akzeptiert nicht ohne weiteres Rechnungen von Offshore-Gesellschaften. Das heißt, Ihre Kunden können Ihre Leistungen wahrscheinlich nicht als Betriebsausgaben geltend machen. Das heißt, Ihre Kunden wollen solche Rechnungen auch nicht.

Manche sagen, man kann dies umgehen durch die Zwischenschaltung einer Schweizer AG, weil die Schweizer Finanzämter da entspannter sind und auch Betriebsausgaben an Offshore-Staaten akzeptieren. Dort müssen Sie allerdings 100.000,00 CHF investieren plus Gebühren, plus Buchhalter, plus einen Schweizer, der Mitgründer ist, usw.

Für Freiberufler gibt es, wenn man es brutal genug an den Haaren herbeizieht, eine Option, dass sie z.B. Lizenzgebühren an eine ausländische Gesellschaft zahlen müssen, vielleicht für eine Beratungsmethode, eine Firma oder ein Logo. Hier entsteht aber sehr schnell ein Verdacht auf Gestaltungsmissbrauch, und auch hier werden Eingangsrechnungen aus einigen Staaten nicht als Betriebsausgabe anerkannt.

Zum Dritten kostet es natürlich Geld, die Gesellschaft zu gründen und zu betreiben und ein passendes Bankkonto zu eröffnen. Zur Gründung einer Hongkong Ltd. Müssen Sie mindestens einmal für ein paar Tage nach Hongkong. Mit allem sind dann 5.000,00 EUR weg. In einigen Fällen mag dies lohnen, in anderen nicht.

Bei der Konstruktion mit manchen Staaten benötigen Sie dort einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb. Unter 12.000,00 USD pro Jahr werden Sie auch in den kleinsten und ärmsten Staaten nicht längskommen. Bei manchen anderen Staaten brauchen Sie diesen Geschäftsbetrieb allerdings nicht.

Dazu kommen in einigen Staaten zertifizierte Jahresabschlüsse, die auch minimal um 400,00 USD pro Jahr kosten.

Das heißt: Selbst wenn Sie eine Konstruktion finden, für die Sie nicht nur nicht sofort eingebuchtet werden, sondern die auch von allen Parteien akzeptiert wird, wird das Unterfangen teuer. Wenn die Steuerersparnis unter 10.000,00 EUR liegt, lohnt sich das Ganze überhaupt nicht.

Wenn Sie außerdem die ganzen Haftungsrisiken bedenken, die sich ja im internationalen Geschehen auch permanent verändern, wird es als Einzelperson ohne starke Rechtsabteilung schon sehr ungemütlich.

Also: Steuerersparnis für internationale Konzerne konstruierbar, für Freiberufler kaum machbar, kaum lohnend, außer, die Gewinne sind wirklich extrem hoch, so dass die Steuerersparnis die Kosten mehrfach deckt.

Anonymität

Anonym zu bleiben ist im heutigen Zeitalter eine Illusion. Niemand ist mehr anonym.

Allerdings gibt es Staaten, bei denen die Gesellschafter nicht in Register eingetragen werden und nicht offengelegt werden müssen.

Dies kann hilfreich sein für diejenigen, die ein Business im Bereich „Erotik“ (Klartext: Porno) betreiben. Manche unreife Menschen halten diesen Geschäftsbereich für „unseriös“, und wenn man ein paar unreife Menschen als Kunden braucht, sollte man dieses Business vor ihnen verstecken.

Hier können manche ausländische Rechtsformen gute Dienste leisten. Besucher von Porno-Seiten überprüfen gewöhnlich auch nicht als Erstes, welche Rechtsform an welchem Ort das Business betreibt und werden auch von einer Hongkong Ltd. nicht abgeschreckt.

Wer allerdings die Anonymität nutzen will, um steuerpflichtiges Einkommen zu verstecken: Viel Glück! Der Staat hat noch ein paar Gästezimmer frei, und egal was die Behörden sagen, es wird auf alle Daten weltweit zugegriffen.

Administrative Erleichterungen

Einige Staaten verlangen nicht mal eine ordnungsmäßige Buchführung, keinerlei Berichte oder Jahresabschlüsse.

Paradiesisch? Auf den ersten Blick ja, auf den zweiten nein.

Wie man sich denken kann, sind dies die Staaten, die bei den deutschen Finanzämtern verstärkte Aufmerksamkeit genießen. Eine Eingangsrechnung aus einem derartigen Staat wird hier wahrscheinlich nicht als Betriebsausgabe akzeptiert

Also nützen Ihnen die Erleichterungen nichts.

Schwierigere Strafverfolgung

Wenn Sie eine Offshore-Gesellschaft ernsthaft nutzen wollen, um der Strafverfolgung zu entgehen, als Freiberufler mit niedrigem Einkommen: Viel Glück. Das wird nichts.

Schwieriger wird es allenfalls, Sie zum Opfer des deutschen Abmahn-Wahnsinns zu machen. Deutsche Abmahn-Anwälte haben in der Tat bei einigen ausländischen Rechtsformen große Schwierigkeiten, erst einmal die Verantwortlichen zu identifizieren und schließlich die Gesellschaft wirksam mit Klagen zu bedrohen.

Dies ist auch ein Grund, warum manche Webseiten z.B. über eine Hongkong Ltd. oder eine Delaware LLC betrieben werden. Bei einem Internet-Business ist ein solches Konstrukt gut machbar. Dabei kann wieder das Problem auftauchen, dass eine Offshore-Gesellschaft bei den Kunden Misstrauen auslöst bzw. dass das gänzliche Fehlen eines Impressums – nach den Gesetzen mancher Staaten offenbar erlaubt – mögliche Kunden abschreckt.

Einer ernsthaften staatlichen Strafverfolgung dagegen entgehen Sie auch mit einer Offshore-Gesellschaft nicht.

Fazit insgesamt:

Steuern sparen Sie, wenn überhaupt, nur mit relativ hohen Gewinnen, die auch noch die Beratung für das richtige rechtliche Konstrukt bezahlen.

Freiheit gewinnen Sie auch nicht wirklich. Sie müssen im Auge behalten, ob sich rechtlich etwas ändert und ob die Bestimmungen, deretwegen Sie die Gesellschaft gegründet haben, überhaupt noch gelten.

Selbst wenn das Konstrukt im internationalen Gefüge funktioniert, werden die deutschen Behörden einiges an Nachweisen von Ihnen verlangen.

Anonymität ist sowieso nicht. Als Freiberufler ist selbst eine Abschirmung gegen den deutschen Abmahn-Unsinn schwierig, sofern Ihre Leistung in Deutschland stattfindet.

Als Freiberufler nützt Ihnen eine Offshore-Gesellschaft wahrscheinlich wenig, insbesondere weil Sie den Ort Ihrer Leistung schwierig verlegt kriegen. Im Bereich IT mag dies eher machbar sein als im kaufmännischen Bereich, in dem ich selbst arbeite. Dafür muss ich fast immer vor Ort sein.

Von daher: Wenn Ihr Gewinn über 100.000,00 EUR (Gewinn, nicht Umsatz) liegt, fragen Sie einen Experten für internationales Steuerrecht, ob sich da was drehen lässt.
 
 
Bild: pixabay; Fonthip Ward